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Alle Uhren wieder auf NULL oder ein neues Abenteuer beginnt

Draußen ist es bereits bitter kalt hier in Süd-Ost England und die Tage werden bereits schon wieder länger. Seitdem ich im September in Flensburg die Leinen zum letzten Mal losgeworfen habe, ist schon so einiges passiert. Aber immer der Reihe nach…

„Vorspring los“ hörte ich Hartmut in die Morgendämmerung des 12.September 2019 hineinrufen. Cesarinas Heck stand im 45° Winkel ins Hafenbecken der Marina Sonwik/Flensburg hinein. Somit waren wir frei von dem Schiff hinter uns und nach einer 180° Drehung, ging es dann voran in Richtung Ausgang des Hafenbeckens. Hartmut und ich hatten uns so einiges vorgenommen für die nächsten 7 Tage. Der Plan war, CESARINA nach England zu überführen und im Solent einen Winterplatz zu suchen. Ich verbrachte 2 Tage mit der sog. „Passage Planning“, um einen möglichst perfekt vorbereiteten Törn sicherzustellen. Der große Unsicherheitsfaktor war das unbeständige Wetter und die im Herbst vorherrschende Windrichtung aus SW. Also genau die Richtung, in die wir fahren wollten.
Nach einem sehr kurzweiligen Törn, kamen wir passend gegen 15:30 an der Schleuse Holtenau zum Nord-Ostsee-Kanal an, und fuhren sogleich in die Kammer der „Alten Schleuse“ ein, die bereits rappelvoll mit Commercial Ships war. Alles war ziemlich aufregend, weil es für Hartmut eine neue Erfahrung war. Wir hatten aber kaum Seitenwind und somit genügend Zeit, die Leinen durch die Ringe auf den glitschigen Schwimmstegen zu ziehen und wieder an Bord zu belegen. Es sieht von dem Ponton schon beeindruckend aus, wenn man allein vor einem 18m langen Schiff steht und 25 Tonnen an einer Leine hängen hat ? Wir haben die Situation aber perfekt und stressfrei gemeistert und machten dann 20 Minuten vor Einbruch der Dunkelheit am Pontoon des Büdelsdorfer Yachtclubs fest. Auf diesen Tag hatte ich mich schon die ganze Zeit gefreut, weil wir dort unsere Freunde wiedersehen würden, die Emma und ich ja bereits im Sommer kennengelernt hatten.


Eigentlich war der Plan, gleich am nächsten Morgen weiter nach Cuxhaven zu fahren und mit ablaufendem Wasser auf die Nordsee hinaus zu steuern. Das dumme war nur, dass sich die Zugbahn eines Tiefdruckgebietes etwas geändert hatte und wir nun in den ersten 6 Stunden mit kräftigem Wind von 22-27 Knoten auf die Nase zu rechnen hatten. Gar nicht cool, wenn zusätzlich der Wind gegen den Strom an der Elbmündung steht und eine ruppige See aufbaut. Auch für den Rest der Tour an der Küste entlang nach West sah es auf einmal auch gar nicht mehr so komfortabel aus.


Zwei Tage später waren die Vorhersagen immer noch nicht besser und es wurde Zeit, eine Entscheidung zu fällen. Allein bei dem Gedanken, dass uns bei den vielen zu erwartenden Motorstunden vor der Küste die Maschine ausfallen könnte und wir dann zwischen dem Verkehrstrennungsgebiet in Nord und dem Land in Süd gegenankreuzen müssten, schliefen mir schon die Füße ein. Nee, nee, nee! Kam gar nicht in die Tüte, unnötig irgendwelche Risiken einzugehen. Das bin ich meiner Crew und meinem Schiff einfach schuldig. Wozu auch? Der einzige der hier Druck machen könnte, wäre ich selber. Und für solche wilden Stories bin ich einfach zu alt ?


Freitag Vormittag rief ich den jungen Bootsbaumeister vom Yachtservice Dick in Holtenau an und erklärte ihm meine Situation. Nur 20 Minuten später rief er zurück und hatte gute Nachrichten im Gepäck. Er hatte es hinbekommen, einen Krantermin nur für uns am Montag um 10:30 zu organisieren. Jetzt war klar, dass CESARINA den Winter in Deutschland in einer Halle verbringen würde. Traumhaft, denn ich hatte mir im Sommer den Betrieb bereits angesehen und war beeindruckt von den Fertigkeiten und Standards in Sachen Schiffbau und Holzarbeiten. Mir fiel ein Stein vom Herzen denn die Lösung gefiel mir außerordentlich gut und der Druck, für CESARINA ein passendes Winterlager zu finden war weg. Hartmuts Frau Heidi war ebenfalls erfreut, Ihren Mann in Sicherheit zu wissen und kam am Samstag mit dem Auto nach Büdelsdorf. Wir machten es uns trotz des miesen Wetters gemütlich und verbrachten eine schöne gemeinsame Zeit mit Ausflügen und Erkundigungen der Umgebung. Es ist herrlich, wenn man fröhliche und positiv denkende Menschen um sich hat. Ganz nebenbei haben wir CESARINA schon für Montag vorbereitet, indem wir z.B. alle Schäkel und Kabelverbindungen gelöst haben, die beim Ziehen der Masten sowieso getrennt werden müssen.


Montags um 10:00 waren wir bereits vor Ort. Der Kran und die Mannschaft vom Yachtservice standen schon parat. Die Segel waren schnell abgeschlagen und beim Kranen konnte man die Routine und Erfahrung der Mitarbeiter deutlich erkennen. Für einen Skipper und Eigner wie mich, ein außerordentlich gutes Gefühl seinen Schatz in guten Händen zu wissen und selber mit Hand anlegen zu dürfen. Ebenso das ziehen der Masten verlief problemlos und bei aller Sorgfalt ebenso zügig. Ich hatte zuvor noch die Maschine und den Generator eingewintert, während ein Mitarbeiter das Unterwasserschiff gereinigt hat. Kurz vor 14:30 wurde CESARINA dann per Zugmaschine auf das Firmengelände transportiert und dort sicher abgestellt. Die Mission „Winterlager“ war somit erfolgreich beendet. Es war wieder einmal gut dem Motto „go with the flow“ zu folgen. Wie so oft schon zuvor auch.


Die folgende Zeit in England war dann der zeitweise schwierigere Part. Ich kann nicht behaupten, dass es durchgehend die beste Zeit war, die ich in den letzten Jahren hatte. Es galt Antworten auf die Frage zu finden, wie es denn nun weitergehen soll. Ich war zwischenzeitlich einmal der Meinung, dass ich noch einmal ein Unternehmen starten sollte, um eine Aufgabe zu haben, die mich erfüllen könnte. Doch egal was mir über den Weg gelaufen ist, ich kam immer wieder auf den gleichen Punkt zurück. Ich fühlte mich am besten, wenn wir auf dem Weg zu immer neuen „Abenteuern“ waren und Zeit mit lieben Menschen verbracht haben, die wir überall auf der Welt kennengelernt haben. Das was am Ende bleibt sind Erinnerungen an schöne Begegnungen und Orte.

Eventuell werde ich schon im Juni CESARINA Richtung Algarve oder Azoren segeln. Wahrscheinlich werde ich dafür wieder Crew an Bord nehmen. Hat ja meist auch ganz gut geklappt mit den richtigen Freunden an Bord 🙂  Ich plane im November von Las Palmas/Gran Canaria aus mit der ARC+ über Mindelo/Kapverden nach St. Lucia/Karibik zu segeln. Danach könnte es weiter nach Kuba, Bahamas und USA zu gehen. Die “Speisekarte” wird erst geschrieben  wenn ich erst einmal drüben bin. Soweit der Plan.
Im März gehen dann die Arbeiten am Schiff los. Die Liste ist lang aber überschaubar. Ich plane den März über mit den Fachleuten von Yachtservice Dick zusammen am Schiff zu arbeiten. Ähnlich wie schon in 2016 in Maine bei Hinkley. Allerdings steht diesmal ein deutlich weniger aufwändiges Programm an. CESARINA ist diesmal erheblich besser in Schuss und wir sind 50.000nm reicher an Erfahrung.


Ich hoffe und wünsche mir sehr, dass sich alle Pläne und Wünsche erfüllen werden. Habe ich doch gelernt, dass sich schon morgen alles wieder ändern kann ?

Kann sein muss aber nich

One thought on “Alle Uhren wieder auf NULL oder ein neues Abenteuer beginnt

  • Christian

    Hi Dietmar, hört sich gut an, dass du wieder los willst. Wir planen nach unserer Balearenrunde im letzten Jahr auch wieder zur Algarve zurück zu segeln. Derzeit steht die Summer in Almerimar an Land, Ende April gehts wieder ins Wasser. Meld dich mal auf ein Bier, wenn du in der Gegend bist. Viele Grüße Anke & Christian

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