Kann mal einer das Licht anmachen?
Wenn um Viertel nach fünf der Wecker klingelt und es draußen noch stockdunkel ist fragt man sich wirklich, warum man sich so etwas antut. Aber hier geben nun mal die Gezeiten den Tagesablauf vor. Also Zähne zusammenbeißen und raus aus den warmen Federn.
Eigentlich hatten wir erwartet, dass es im Sommer morgens um sechs schon deutlich heller sein sollte. Nebel und Regenwolken hingen aber über der Küste und ließen kaum Licht zu uns durch. So trödelten wir noch ein bisschen und es gab wie gewohnt lecker Frühstück. Etwas mehr Licht wäre schon schön gewesen und etwas weniger Regen auch :-). Als es aber dann vor uns am Steg auf der MENTOR schon geschäftig zuging, machten wir die SUMMER auch klar und legten gemeinsam ab.
Raus aus dem L’Aber hatten wir zwar die Strömung schon mit uns, aber den Wind dagegen und mussten deshalb in den “Races” wieder mit konfusen und steilen Wellen kämpfen. Als wir unseren Kurs Richtung Camaret anlegen konnten ging es aber unter Segeln und ruhiger See gut voran, bis wieder einmal der Wind einschlief. Ich hatte die letzte Nacht irgendwie nicht so toll geschlafen (Vielleicht lag es am Disco-Geflacker des Leuchtfeuers, das direkt neben der SUMMER an der Hafeneinfahrt stand?!) Also ließ mich der Skipper doch noch etwas Schlaf nachholen. Um zehn Uhr war ich dann auch wieder munter und machte mich wieder nützlich.
Die MENTOR folgte uns dicht auf den Fersen und wir nutzen die Zeit für ausgedehnte Foto-Shootings. Dank drei Knoten Strom von hinten kamen wir trotzdem gut voran, auch wenn zwischenzeitlich die Maschine mitlaufen musste. Wir genossen die beeindruckende und schroffe Küstenlandschaft mit immer mehr Löchern in der Wolkendecke und erreichten den Hafen von Camaret dann im strahlenden Sonnenschein.
Der kleine Ort direkt vor den Toren von Brest scheint ein beliebter Ausflugsplatz zu sein. Viele hatten das verlängerte Wochenende genutzt und die Stege waren schon unerfreulich voll. Leider war auch keine freundlicher Marinero zur Stelle und mussten daher selber einen geeigneten Platz für die dicke SUMMER suchen.
Unter dem Blickwinkel, dass dies eventuell der Platz sein sollte, an dem Dietmar die nächste Woche allein als Wachhund für die SUMMER und die MENTOR verbringen sollte, versuchten wir unseren Liegeplatz so zu wählen, dass auch in der Nähe Platz für das zweite Boot war. Sonst hätte Dietmar ja Kilometergeld verlangen müssen! Als wir festmachten, machte sich ein anderes Boot genau gegenüber von uns langsam reisefertig. Optimal, jetzt brauchten wir nur noch warten und den Platz verteidigen. Die jungen Leute an Bord hatten es aber nicht besonders eilig. Es dauert fast eineinhalb Stunden bis die Vier ihr sieben Meter Segelboot startklar hatten. Dietmar stand schon kurz dem Herzinfarkt. Und umso aufgebrachter er am Steg auf und ab lief, desto langsamer liefen die Vorbereitungen auf dem anderen Boot. Aber irgendwann war es dann auch geschafft und die MENTOR lag uns gegenüber.
Ich hatte am Steg schon ein nettes Gespräch mit einer Französin gehabt (sie sprach hervorragend deutsch 🙂 ) und war über den Ort genauestens informiert. So gab es immer ab vier Uhr frischen Fisch und Krustentiere direkt gegenüber im Fischereihafen. Abends war dann Party angesagt mit großem Feuerwerk. Das wäre doch gar nicht nötig gewesen! Schön, dass der französische Nationalfeiertag so wunderbar passend auf dem Tag nach dem WM-Finale fiel.
Das wir seit Boulogne-sur-Mer keinen frischen Fisch mehr auf dem Teller gehabt hatten, führte uns unser erster Ausflug zum Fischereihafen. Leider gab es heute nur Krustentiere, diese aber in beeindruckenden Mengen und beeindruckender Größe. Auch wenn ich im Restaurant gern einmal sowetwas esse, wollte ich mein heutiges Abendessen nicht lebendig mit nach Hause nehmen. Der Kühlschrank würde auch noch was anderes hergeben.
Nach unserem Rundgang durch die Stadt, vorbei an malerischen, total verrotteten Kuttern zurück zum Hafen waren wir uns eigentlich sicher, dass Dietmar hier keine ganze Woche verbringen wollte. Der Hafen ist auch eher klein, überlaufen und sehr unruhig und war für uns kein optimaler Platz. So stand also schon bald fest, morgen verlegen wir nach Brest. Das ist ja nur ein Katzensprung von 10 Seemeilen. Man kann also bequem zum Abendhochwasser um halb acht in Brest sein und trotzdem noch den ganzen Tag die tolle Küste erkunden.
Früh aufstehen wäre ja auch morgen gar nicht in Frage gekommen, nicht zwei Tage hintereinander :-). Außerdem wollten wir mit Wolfgang und Waltraud zusammen heute Abend das Finale auf der SUMMER anschauen. Natürlich hofften wir, dass es kein Elfmeter-Schießen geben würde. Aber man weiß ja nicht immer, wie es läuft und Götze hat es dann ja auch gerichtet. Mit unseren Bedenken lagen wir also gar nicht so falsch! Als wir dann nach Verlängerung verdient Weltmeister waren, war es bereits kurz vor zwölf. Das Feuerwerk der Franzosen begann leider wenige Minuten zu früh. Das Tor für Deutschland fiel erst kurz vor Ende, aber es war auf jeden Fall ein toller Anblick. Wir ließen unsere Feier etwas kürzer ausfallen und fielen müde in die Kojen.